Neue Bauweise für automatisierte Produktion des größten Thermoplast-Flugzeugrumpfs

Thermoplast-FlugzeugrumpfIm Rahmen des von der EU geförderten Clean Sky 2-/Clean Aviation-Projekts »Large Passenger Aircraft« (»LPA«) hat die Fraunhofer-Gesellschaft in Stade mit internationalen Projektpartnern jeweils eine maßstabsgetreue Ober- und Unterschale des »Multi Functional Fuselage Demonstrator« (»MFFD«) durch automatisierte Positionier- und Fügeprozesse miteinander verbunden. Das Verschweißen der zwei Längsnähte der beiden 8 Meter langen CFK-Halbschalen, die einen Durchmesser von etwa 4 Metern aufweisen, schloss die Herstellung des größten thermoplastischen CFK-Flugzeugrumpfsegments der Welt erfolgreich ab. 

 Sowohl für die Produktion als auch den Betrieb von Passagierflugzeugen werden dringend klimafreundliche Lösungen benötigt, die zu einer noch weitergehenden Einsparung von Ressourcen beitragen. Neben neuen Antriebstechnologien stehen dabei auch Strukturgewicht und Herstellungsaufwand im Fokus. Beides kann durch neue Bauweisen verringert werden, wie sie insbesondere thermoplastische CFK-Werkstoffe ermöglichen. Erstmalig wurde deshalb in einem Forschungsprojekt ein Rumpfsegment in Originalgröße aus thermoplastischen CFK-Werkstoffen hergestellt, um Machbarkeit sowie ökologische und ökonomische Vor- und Nachteile fundiert bewerten zu können.

Neue Flugzeugrumpf-Bauweise 

Als Fügeverfahren zum Schließen des Thermoplast-Flugzeugrumpfs wurden zusammen mit dem Projekt-Koordinator Airbus das CO2-Laserschweißen für die linke Längsnaht sowie das Ultraschallschweißen für die rechte Längsnaht ausgewählt. Beide Verfahren bieten den Vorteil des staubfreien Fügens, den die zurzeit verwendeten Nietverfahren nicht besitzen. Allerdings wurden sie bisher weder in der Produktion noch in der Forschung bei so großen CFK-Bauteilen und mit den hier benötigten speziellen Qualitätsanforderungen angewendet. Der Bedarf für ein staubfreies Fügen ergibt sich aus der erstmalig durchgeführten Vorintegration beider Schalen mit einer Vielzahl von ebenfalls schweißtechnisch montierten Struktur- und Systemkomponenten, die ein nachträgliches Entfernen von Staub und Spänen nicht zulässt. 

Beigestellt wurde die im Autoklav unter Druck und Temperatur verfestigte (konsolidierte) Thermoplast-Unterschale aus dem »LPA«-Projekt »STUNNING« von einem Konsortium aus GKN Fokker, Diehl Aviation, Netherlands Aerospace Centre – NLR und Technische Universität Delft. Die thermoplastische, mittels Tape-Legeverfahren (in-situ-Konsolidierung) hergestellte Oberschale stammt von einem Konsortium aus Premium Aerotec, Airbus, Aernnova und Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt – DLR ZLP.

Beide Schalen beeindrucken insbesondere aufgrund des hohen Grads der Vorintegration, der weitgehend nietlosen Bauweise und der hierdurch erzielten Gewichtsreduktion von 10 Prozent gegenüber dem Status quo. Dabei eröffnet einerseits die automatisierte Vorintegration eine hohe Effizienzsteigerung und örtliche Flexibilität mit Blick auf eine Hochratenproduktion bei gleichzeitiger Kostenersparnis von bis zu 10 Prozent, weil nicht mehr wie bisher alle Bauteile in den geschlossenen Rumpf gebracht und dort unter beengten Verhältnissen manuell montiert werden müssen. Andererseits führt die Gewichtsreduktion der Flugzeugstruktur zu einer verbesserten Treibstoffeffizienz im Betrieb.

Ausblick 

Zusammen mit den am Rumpfdemonstrator »MFFD« gewonnenen Erkenntnissen wird die Fraunhofer-Gesellschaft reife Technologiebausteine einer Industrialisierung durch interessierte Unternehmen zugänglich machen. Andere Technologien bringt sie in nachfolgende Forschungsprojekte ein, um eine noch weitergehende Effizienzsteigerung bei noch geringerem Ressourcenverbrauch in der zukünftigen Produktion zu ermöglichen. Zielstrukturen sind dabei neben Flugzeugrümpfen auch Seitenleitwerke oder Tanksysteme für kryogenen Wasserstoff. Außerhalb der Luftfahrtbranche stehen zudem boden- oder wassergebundene Transportmittel im Fokus eines Technologietransfers.

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Dipl.-Ing. Anne-Grete Becker
Presse und Öffentlichkeitsarbeit
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